zb+ Umbau und Erweiterung der Zentralbibliothek Mönchengladbach

Um die neuen Volumina in einem möglichst behutsamen Maße auf die Bestandsgebäude zu bringen, wird vorgeschlagen, bei einer der Nutzung angemessenen lichten Raumhöhe, eine möglichst geringe Gesamtaufbauhöhe zu erreichen. Ziel ist es, möglichst wenig Denkmalgeschütze Fassadenfläche für den Betrachter zu verdecken und dennoch die gewünschte Maximierung der Gebäudenutzfläche zu erreichen. Als statische Basis für die Aufstockungen wird von einer möglichst unauffälligen Verstärkung der Bestandskonstruktion ausgegangen, so wird vermieden, dass zusätzliche Tragwerke die Anmutung des Bestandes verändern. Die zusätzlichen oberirdischen Gebäudeteile werden über eine deutlich wahrnehmbare „Fuge“ von den bestehenden Baukörpern losgelöst, so bleiben Denkmal und Neubau unterscheid- und ablesbar. Es wird vorgeschlagen, auch den nördlich gelegenen eingeschossigen Gebäudekörper zum Teil zu überbauen, diese Maßnahme erschließt nicht nur zusätzliche Nutzfläche, vielmehr werden ursprünglich beabsichtigten geometrischen Proportionen des Denkmals geschont. Würde nur der südliche Hauptflügel an der Blücherstraße überbaut werden, fände eine Verschiebung des geometrischen Gleichgewichtes statt.

Um den markanten Magazinturm möglichst weiter im Fokus des Betrachters zu belassen, könnte eine große Öffnung, die die im Turm gelegenen Fensterbänder unverdeckt lässt, der richtige Ansatz sein. Das geschlossene kleinere „L“ wird durch eine im 2. OG gelegene Terrassenebene gebildet, die als schlanke Brücke zwischen den neuen Gebäudekörpern liegt.

An dieser Stelle wird ein wesentliches Merkmal des Entwurfsansatzes deutlich - für eine optimale Aktivierung der baulichen Ressourcen sollten alle Dachflächen intensiv genutzt werden. Die zusätzliche Nutzfläche wird auf der südlichen Hauptdachfläche nicht nur zur Energiegewinnung über Photovoltaikelemente genutzt, die darunter gelegene extensiv begrünten Flachdachebene (Maximierung der Leistungsfähigkeit durch Herabsenkung der Oberflächentemperatur) leistet einen wichtigen ökologischen Beitrag und bietet beispielsweise Raum für die Ansiedlung von Bienenvölkern. Die über dem vorgeschlagenen Caféstandort angelegte Dachterrasse ermöglicht vielseitige Außenraumnutzungen. Entspannungs- und Lesebereiche auf der geschützten Terrassenebene erweitern den Standort um ein weiteres aufenthaltsqualitätssteigerndes Merkmal.

Die Nutzung der Dachfläche steht dem Denkmalschutz nicht entgegen, im Gegenteil, ohne beispielsweise den Magazinturm durch weitere Gebäudeteile zu verdecken, haben die Besucher die Möglichkeit ihn aus einer neuen Perspektive zu erleben.

 

Baukonstruktion:

 

Nachdem das vorhandene Gebäudetragwerk in geeigneter Art und Weise verstärkt worden ist, wird eine sehr leistungsfähige aber gleichzeitig flexible Konstruktionsweise benötigt. Als Besonders geeignet für Aufstockungen haben sich großformatige Brettsperrholz-Elemente herausgestellt. Diese können gleichermaßen für tragende Wandscheiben als auch für Decken- und Dachaufbauten eingesetzt werden.

Bei einem vergleichsweise geringen Eigengewicht, wird eine sehr gute statische Leistungsfähigkeit erreicht. Ein weiterer enormer Vorteil ist gerade bei Aufstockungen der hohe Vorfertigungsgrad, der für eine Verkürzung der Bauzeit sorgt. Die Summe der Eigenschaften einer Konstruktion aus vorgefertigten Brettsperrholz-Elementen sorgt dafür, dass ein durchgängiges Tragwerk aus diesem Material für die Aufstockung vorgeschlagen wird. Brettsperrholz-Elemente werden aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, ein weiterer Baustein zu einem ökologisch vorbildlichen Bauwerk.

 

Denkmalschutz:

 

Die einzige Schlussfolgerung, die konsequenter Denkmalschutz zulassen kann, ist die Freilegung und Wiederherstellung aller (insbesondere keramischen) Oberflächen, gerade auf dem Magazinturm, da diese eine zentrale gestalterische Bedeutung für den ursprünglichen Gebäudeentwurf haben. Ein Kompromiss, der akzeptiert werden muss, ist, dass auf Innendämmungen zum reinen Bauwerkschutz zurückgegriffen werden muss. Eine bauphysikalisch sinnvolle außenliegende Dämmebene würde die Proportionen der Gebäude erheblich verändern, dies stünde dem Erhalt des Denkmales entgegen.

 

Gestalterische Wechselwirkung von Neubau und Bestand:

Die vorgeschlagene oberirdische Erweiterung unterscheidet sich konstruktiv und in seiner Materialität deutlich von dem Bestandsbauwerk. Da die mögliche Holzschalung im Kontext zurückhaltend wirken würde, können die wesentlichen Merkmale des Denkmales, wie die verschiedenfarbigen keramischen Oberflächen weiterhin ungehindert wirken. Eine weitere Maßnahme ist die Aufnahme der konstruktiven Taktung des Bestandes in den Neubau, dies geschieht im Bezug zu den Rauminhalten, wo z.B. ein Panoramablick über den Adenauerplatz wünschenswert ist, sind Öffnungen maximiert. Die konstruktiven Elemente liegen aber immer wieder auf den Bestandsachsen. Ohne jede Kopie entstehen so harmonische Wechselwirkungen zweier selbstbewusster Gebäudeteile.   

 

Unterirdische Erweiterung:

 

Da der Wunsch besteht, Werkstätten im Untergeschoss unterzubringen, liegt dem vorliegenden Vorschlag die Belichtung des Untergeschosses über einer großzügigen Lichtfuge zwischen Bestandskeller und Neubau zugrunde. Nachdem die Bestands-Kellerwände und Fundamente verstärkt worden sind, kann diese Wandebene freigelegt werden und die vorhandenen Fenster können bodentief ausgebildet werden. Da diese Fenster bisher nicht für den Betrachter im Fokus standen, sollte die Maßnahme auch mit dem Denkmalschutz vereinbar sein. Die Lichtfuge sogt dafür, dass auch der Bestandskeller mit mehr Tageslicht versorgt wird, und somit eine Nutzung als Werkstatt möglich wird. Zwischen der Buchbinderei und dem benachbarten neuen Publikumsbereich im UG entstehen neue Blickbeziehungen, die Raumbereiche wirken aufeinander und es entsteht ein spannendes wie großzügiges Gesamtgefüge.

Auf der gegenüberliegenden Seite entsteht eine zweite Lichtfuge parallel zum Fußweg an der Blücherstraße. 

 

Raumstruktur:

 

Das Bibliothekscafé sollte am Standort der jetzigen Kinderbibliothek platziert werden. In dieser, dem Haupteingang zugeordneten Lage, befinden sich mehrere denkmalkompatible Schnittstellen. Der separate Eingang sowie eine direkte Anliefermöglichkeit von außen sprechen für diesen Caféstandort. Die Möglichkeit einer direkten Bibliothekszugänglichkeit und eine Verbindung sowohl zum Außenraum der Blücherstraße als auch zum zentralen Atrium sind ebenfalls starke Argumente für das Café an diesem Standort. Im Bestand sind die für die Gastronomie wichtigen sanitären Anlagen vorhanden. Es bestünde die theoretische Möglichkeit, eine direkte Verbindung zu dem auf der Südseite gelegenen und auf den Adenauerplatz ausgerichteten Außenraum durch eine Öffnung in der Mauerwerksscheibe zu schaffen, aus Gründen des Denkmalschutzes kann hierauf aber auch verzichtet werden.

Die dargestellte Alternative ist die Aktivierung des Vorplatzes des möglichen zukünftigen Cafés. Außentische sollten hier ohnehin platziert werden, eine sichtbare Einladung an passierende Besucher, in Verbindung mit einer klaren Wegeachse, vorbei am Café und am Haupteingang bis zum Bibliotheksvorplatz des Adenauerplatzes, könnte aber auch der

Außenraum vor dem Hauptflügel mit Außentischen und einer dem Café zugeordneten Nutzung versehen werden.

Auf dem Adenauerplatz zugewandten Platz über dem neuen UG, wird eine feststehende und großzügige Sitzbank als verknüpfendes Element und Abgrenzung zur Lichtfuge vorgeschlagen. Abgesehen davon, sollte der Platz im Sinne einer flexiblen Nutzbarkeit nicht durch feststehende Möblierung unterteilt werden. Eine zusammenhängende und allseitig gut zugängliche Fläche kann für Veranstaltungen wie Konzerte, Flohmärkte, Public Viewing Events und vieles mehr genutzt werden. Bei guter Wetterlage aufgestellte Möblierung des Cafés können als alternative Dauernutzung ebenfalls etabliert werden. Der Platz soll anpassungsfähig und flexibel nutzbar bleiben.       

 

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© Architekturbüro Milan Schmitt